Wie meine Partnerin so treffend bemerkte: „Hier ist es zu schön“. Der See, die Berge, Almen und Häuser aus dem Bilderbuch – man kann´s kaum aushalten, wenn man dann auch noch Schach spielen soll. Der Gasthof zur Post ist Spiellokal, Unterkunft und Speisestätte – eigentlich bräuchte man gar nicht vor die Tür gehen – wenn´s eben nicht so schön wäre. (Da kann man verstehen, warum Uli Hoeness nicht gern ins Gefängnis geht).

Das Teilnehmerfeld (80 Teilnehmer) enthielt nur wenige Spitzenspieler. Die Rangliste führte der russischstämmige FM Kwatschwesky an, der für Austria Wien spielt, Ich schätzte noch den altmeister Krieger (Ludwigshafen), Setzliste Nr.2, sehr hoch ein, den ich in den 70er Jahren in der Oberliga Südwest als keulenstark erlebt hatte. Dann gab´s da noch eine weibliche FM, Krilova, die, wenn sie nicht in Russland weilt, für Schöneck spielt. Ich stand mit meiner DWZ auf Platz 14 der Setzliste.

Ich gewann die ersten beiden Partien recht mühelos gegen schwächere Gegner und sollte in der 3. Runde auf den schon recht betagten Kelchner (Ludwigshafen) treffen, der mir auch noch aus besagter Oberliga Südwest ein Begriff war. Ich bereitete mich sorgfältig vor und gewann dann (unbefriedigend und etwas tragisch) kampflos, weil mein Gegner wegen plötzlichen Todes der Ehefrau abreisen musste. Zurück bleibt natürlich ein ungutes Gefühl. So möchte man die Punkte nicht bekommen.

Mit 3 aus 3 saß ich dann gleichwohl schon am Spitzenbrett und erkämpfte gegen den späteren Zweiten (Kümpers, München 45) ein Remis. Zwischendurch war ich in dieser Partie mal völlig platt, aber das Schicksal war gnädig. Bei der Vorbereitung stellte ich übrigens fest, dass Herr Kümpers und ich 1991 beide an der bayerischen Meisterschaft in Ingolstadt teilgenommen hatten. (Wir sind uns dort aber nicht in die Quere gekommen und konnten uns an nichts erinnern).

Mit 3,5 aus 4 immer noch geteilter Erster spielte ich dann in der 5. Runde meine vielleicht beste, zumindest aber spannendste Partie gegen WFM Krilova.
Die Datenbank gab über sie gar nichts her und ich trat erstmals völlig unvorbereitet ans Brett. Offenbar hatte sie sich aber auch die Mühe gemacht und ich konnte mit Schwarz endlich mal eine meiner Leib- und Magenvarianten realisieren. Es ergab sich eine spannende Opferpartie, die ich mir auch von FRITZ nicht vermiesen lassen will, der mir (oh wie ich ihn hasse) hinterher diverses zeigte – u.a. dass ich anders hätte opfern sollen und dann schnell matt gesetzt hätte. Jedenfalls: 4,5 aus 5 !

In der 6. Runde hatte ich dann erneut Glück: Gegen den hessischen Altmeister Limberg (Königsstein) büßte ich durch ein Übersehen einen Bauern ein und musste den Pfad positionellen Wohlverhaltens wohl oder übel verlassen. Bald war ich leider mal wieder „breit“ und im Begriff bei schlechter Stellung einen weiteren Bauern zu verlieren. Hätte er trocken weiter gespielt, wäre es das Ende des Höhenfluges gewesen. Stattdessen gönnte er sich (eigentlich uns) eine Kombination an deren Ende ich – durch ein glückliches Zwischenschach – eine ganze Dame mehr hatte.

Mit 5,5 aus 6 führte ich das Feld nun schon mit Abstand an und kam in Runde 7 erneut gegen einen alten Bekannten, Hans Greul aus Schwabach, den ich aus meiner „fränkischen Periode“ kannte. Ich bereitete mich sorgfältig vor und er tat mit den Gefallen auch das zu spielen, was ich vorbereitet hatte. Von Anfang an überlegen konnte ich am Ende hübsch matt setzen. Eine ganz gute Partie – abgesehen von einem kleinen taktischen Bock – den mein Gegner aber Gott sei Dank nicht bemerkte.

Mit 6,5 aus 7 – schon sicher im Geld – verließ mich meine Charakterstärke. Der Tegernsee war einfach zu schön und der Tabellenstand zu gut, um sich noch weiter zu verkämpfen.
Mit FM Kwatschesky schloss ich nach wenigen Zügen Frieden (womit mir zumindest schon Platz 2 sicher war) und Platz sicherte ich durch ein schnelles Remis gegen den Dietzenbacher SF Kripp. (Bei einer Niederlage hätte mich der Zweite Kümpers noch von Platz 1 verdrängen können). Dieser machte jedoch dann auch bald Remis, so dass ich am Ende alleiniger und ungeteilter Erster mit 7,5 aus 9 Partien war.

Nie mehr werde ich sagen, dass Schach nichts mit Glück zu tun hat.

( Bericht Alexander Noblé; und hier geht’s zur Tunierseite: http://www.schach-senioren-cup.de/index.php?option=com_content&view=article&id=115&Itemid=89 )